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Der Markt
unter der Lupe

 
01.12.2017

Taugen China, Opec und Powell als neue Risiken für die Aktienmärkte?

Die Regierung in Peking kühlt die überhitzten chinesischen Kreditmärkte deutlich ab. Muss man sich also um China, damit um die Weltkonjunktur und nicht zuletzt um die Weltaktienmärkte Sorgen machen? Stellen die verlängerten Ölförderkürzungen der Opec ein rohstoffseitiges Inflationsrisiko und damit ein Argument für eine zukünftig restriktivere Notenbankpolitik dar? Apropos Geldpolitik, bislang gilt der neue Fed-Chef Jerome Powell hier als ziemlich unbedarft. Drohen in seiner Amtszeit zinspolitische Risiken für die Aktienmärkte?

Die an schärferer Schuldnerbonität orientierten Kreditrestriktionen der chinesischen Aufsichtsbehörden zeigen negative Wirkung auf den Kreditimpuls. Der Anteil der Neuverschuldung an der volkswirtschaftlichen Wertschöpfung Chinas ist seit Anfang 2016 deutlich zurückgegangen. Dennoch entwickelt sich die Konjunkturstimmung gemäß Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe in China im Trend robust.

Tatsächlich ist das Land der Mitte weit davon entfernt, seinen Wirtschaftseinbruch von 2015 und 2016 fortzusetzen. Zum einen sorgt die verbesserte Weltwirtschaft für stabilere Erträge bei Unternehmen, die insofern weniger auf Kreditfinanzierung angewiesen sind.

Zum anderen sorgt die chinesische Zentralbank mit Notenbankzinsen auf Rekordtief und einer Geldversorgung auf Rekordhoch weiter für ein großzügiges Finanzierungsumfeld, so dass bonitätsstarke Schuldner nicht in Darlehensnot geraten. Diese neue Finanz- bzw. Geldpolitik ist Ausdruck des geläuterten Wachstumsverständnisses der KP in Peking, die das ungebremste, überhitzte quantitative Wirtschaftswachstum aus der Schwellenlandepoche zukünftig in das zwar schwächere, aber stabilere Qualitätswachstum eines Industrielandes überführen will.

Die Liquiditätsausweitung stützt im Übrigen den chinesischen Aktienmarkt, der als Stimmungsaufheller seine psychologische Wirkung auf die aktienafinen chinesischen Konsumenten nicht verfehlt. Darüber hinaus will China seine zunehmende Kapitalmarktliberalisierung und Öffnung für ausländische Investoren mit vielversprechenden Aktienperspektiven positiv begleiten.

Während in China Christoph Kolumbus navigiert, hat woanders Käpt'n Iglo das Kommando

China geht einen gleichermaßen besonnenen, aber auch konsequenten Weg, um eine noch stärkere Welt(wirtschafts)macht zu werden. Die Chancen der Digitalisierung, die so manche klassische Industrienation mit teilweise unerträglich großem Moralismus links liegen lässt, nimmt China gerne auf. Dem Ziel, ein wettbewerbsfähiger Global Player zu werden, dienen auch die zahlreichen Aufkäufe von High Tech-Unternehmen, mit deren Know How ehemals konkurrenzunfähigen Staatskonzernen Frischblut zugeführt werden soll. Statt mit diesen wirtschaftspolitischen Herausforderungen umzugehen, beschäftigt man sich bei uns lieber mit parteipolitischen Scharmützeln über ein Pflanzenschutzmittel und der medienwirksamen Neugeburt einer GroKo mit drei angeschlagenen Parteichefs.

Auch die politische Kakophonie und die Dissonanzen innerhalb der EU nutzt China für seine geopolitischen Interessen aus. Seine finanzielle Unterstützung und verstärkten Investitionen in osteuropäischen Ländern - z.B. die Übernahme des Hafens im griechischen Piräus und der Bau der Eisenbahn zwischen Belgrad und Budapest - verstärkten dort pro-chinesische Abhängigkeiten und ein tendenziöses Wohlwollen gegenüber Pekings Interessen, selbst wenn diese einer gemeinsamen EU-Position widersprechen.

Gleichzeitig profitiert China vom aktuellen Strukturbruch in der globalen Weltordnung. Während sich die USA unter Präsident Donald Trump weltpolitisch zurücknehmen, stößt China in dieses Vakuum vor, um seine Weltmachtambitionen zu beschleunigen. Mittlerweile verteidigt nicht mehr Amerika, sondern China den globalen Freihandel. Mit dem Aufbau eines interkontinentalen Infrastruktur-Netzes zwischen China, Asien, Europa und Afrika versucht man Amerika als Mutterland des globalen Kapitalismus abzulösen.

Seine „Infrastruktur-Diplomatie“ in wichtigen Rohstoffregionen treibt China mit indirekter politischer Einflussnahme wie zuletzt in Simbabwe ohnehin weiter voran.

Für deutsche und europäische Ohren sind das ziemliche Misstöne. Aber Chinas Stärke stützt auch die Weltkonjunktur und exportsensitive Aktienmärkte.

Fracking kills the Opec-Stars

Die Opec und Russland haben auf ihrer Sitzung in Wien eine Verlängerung der Produktionsdrosselung um neun Monate von März auf Dezember 2018 beschlossen. So will man einem neuerlichen Preisverfall entgegenwirken. Denn für die große Mehrheit der Opec-Produzenten und selbst Saudi-Arabien reicht der gegenwärtige Ölpreis nicht zum Ausgleich der defizitären Staatshaushalte aus. Zur politischen Ruhigstellung setzt man seit Jahren auf soziale Befriedung über üppigste Transferleistungen.

Russland sieht die Fristverlängerung bis Ende 2018 sehr kritisch und hält sich alle Optionen offen, bei der nächsten Sitzung im Juni 2018 die Lage neu zu bewerten. Denn jede Förderkürzung bei konventionellem Opec-Öl, die zunächst zu einem Preisanstieg führt, wird von der immer effizienteren US-Fracking-Industrie im Sinne einer margenträchtigen Ausweitung ihrer alternativen Ölproduktion gnadenlos ausgenutzt. Dies lässt nicht nur den Ölpreis anschließend wieder fallen, sondern führt auch noch zu Marktanteilsverlusten russischer an US-Produzenten.

Die verhaltenen Ölpreise nehmen den Notenbanken viel restriktive „Drecksarbeit“ ab

Wegen Fracking scheitert ein wirklicher Inflationsschub und verleiht den internationalen Notenbanken Alibis, die geldpolitische Trendwende zu verlangsamen bzw. im Vergleich sehr klein ausfallen zu lassen. Die EZB hat angesichts der deutlich unter ihrem Zielwert liegenden Inflationsrate von 1,5 Prozent im November tatsächlich keine zinspolitische Eile. Ungemach oder gar ein Zinsschock drohen den Aktienmärkten insofern nicht.

Der neue Fed-Chef Jerome Powell - Alter Wein in neuen Schläuchen

Bei seiner Befragung vor dem US-Senat hat Jerome Powell ein klares Bekenntnis zur bislang behutsamen Zinswende der Fed signalisiert. Wie Yellen stellte ebenso Powell sehr klar, dass er „auf mögliche Krisen entschlossen mit angemessener Durchschlagskraft reagieren wird“. Man ist als Notenbanker nicht gezwungen, sich dieser martialischen Geld-Sprache zu bedienen. Aber wenn, dann zeigt die Fed klar, wohin ihre geldpolitische Reise geht. In dieses Bild passt auch Trumps aktuellste Nominierung von Wirtschaftsprofessor Marvin Goodfriend zum Fed-Gouverneur. Er scheint auf den ersten Blick ein ausgesprochener Gegner von Liquiditätsprogrammen zu sein. Gleichzeitig ist er aber auch ein expliziter Befürworter von Negativzinsen und damit weitaus taubenhafter als die große Mehrzahl der Fed-Mitglieder.

Marktstimmung - Es gibt Risiken, man muss sie aber auch nicht krampfhaft herbeireden

Insgesamt sind weder China, Öl noch Powell geeignet, die Aktienmärkte in Bedrängnis zu bringen. Auch in puncto Nordkorea hat sich wohl ein gewisser Gewöhnungseffekt eingestellt. Möge China seiner Rolle als Kim Jong-un-Bändiger gerecht werden.

Auch die Euro-Stärke kann deutschen, exportsensitiven Aktien nichts anhaben. Dieses Anleger-Klischee entspricht nicht mehr der Realität. Die weltweiten Aktivitäten der deutschen Industrie wirken Aufwertungen entgegen. Die kürzliche Aufwertung des Euros als Handelswährung wurde sogar von steigenden Exporterwartungen begleitet.

Charttechnik DAX - Hausse oder Konsolidierungsmodus?

Charttechnisch verlaufen beim DAX auf dem Weg nach oben die ersten Widerstände bei 13.098 und 13.145 Punkten. Darüber nimmt der Index Kurs auf die Barrieren bei 13.187, 13.229 und 13.342. Werden auch diese Widerstände überschritten, folgen weitere bei 13.431 und 13.489. Dagegen verlaufen im Falle von neuerlichen Kursrücksetzern erste Unterstützungen bei 13.033 und 12.969. Bei Unterschreitung ist mit Kursverlusten bis zur Unterstützung bei 12.951 und schließlich 12.921, 12.909 und 12.829 Punkten zu rechnen.

Der Wochenausblick für die KW 49 - Die deutsche Wirtschaft brummt

In China setzen die Im- und Exportzahlen ihren volatilen Seitwärtstrend fort. Der vom Finanznachrichtendienst Caixin veröffentlichte Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor vermittelt ein insgesamt robustes Wirtschaftsbild.

In den USA ist die Konjunkturstimmung gemäß ISM Index für den Dienstleistungssektor zwar robust. Wieder schwächere Auftragseingänge in der Industrie zeigen der US-Konjunkturerholung jedoch auch Grenzen auf. Während Daten zum US-Stellenaufbau einen quantitativen Erholungstrend zeigen, zieht das blutleere Wachstum der Durchschnittslöhne dessen Qualität in Zweifel. Das von der University of Michigan veröffentlichte Konsumentenvertrauen fällt dagegen stabil aus.

In der Eurozone sendet das vom Finanzdatenanbieter Sentix ermittelte Investorenvertrauen erneut zuversichtliche Aktien-Signale. In Deutschland unterstreicht die Stabilisierung des Dreiklangs aus Industrieaufträgen, -produktion und Exporten die robuste Konjunktursituation.