Die verhaltene Stimmung der Weltkonjunktur schlägt sich auch bei Rohstoffen nieder. So macht Chinas Wachstumsdelle den Metallpreisen zu schaffen. Auch die Preisschwäche bei Rohöl ist unverkennbar. Insgesamt verringern rohstoffseitige Inflationsrückgänge den zinsrestriktiven Handlungsdruck auf die Notenbanken. Das kommt Gold zugute, das aufgrund der Krisenlage ein wichtiger sachkapitalistischer Vermögensbaustein bleibt.
Die weltkonjunkturelle Ladehemmung findet Niederschlag in deutlich entspannten Lieferketten. Der Global Supply Chain Pressure Index der New York Fed liegt auf Rekordtief. Mit besserer Verfügbarkeit von Vorprodukten und Rohstoffen gehören ebenso Knappheitspreise der Vergangenheit an.
Zudem verringert die zinsverteuerte und weniger üppige Liquiditätsversorgung der Notenbanken die verfügbaren Anlagemittel und damit ebenso die Nachfrage nach Rohstoffen. Auch der nachlassende Preisdruck beruhigt die Suche der Anleger nach sachkapitalistischem Inflationsschutz.
Konjunkturzyklische Industriemetalle befinden sich im klaren Abwärtstrend und notieren gut 10 Prozent niedriger als zu Jahresbeginn. Die schwache Weltkonjunktur und Chinas strukturelle Wirtschaftskrise verzögern ihr konjunkturseitiges Comeback.
Bei Kupfer ist jedoch mit einer Preisstabilisierung wegen Angebotsverknappung zu rechnen. In Peru als zweitgrößtem Kupferexporteur sind die Investitionen in neue Minenprojekte auf ein Acht-Jahres-Tief gefallen.
Für nachhaltige Preiserholungen bei konjunkturzyklischen Industriemetallen bedarf es allerdings einer allgemeinen Aufhellung der Weltkonjunktur, die tatsächlich für 2024 zu erwarten ist. Sie wird zwar nicht deutlich ausfallen, aber immerhin das Ende der Nachfrage- und Investitionsschwäche der globalen Auto-, Maschinenbau- und Elektroindustrie einleiten. Längerfristig spricht das Megathema Klimaschutz grundsätzlich für eine zunehmende Metallnachfrage.
Zum Glück droht sich der Nahost-Konflikt nicht zu einem geopolitischen Flächenbrand auszuweiten. Gemeinsam mit einer globalen Nachfrageschwäche sorgt dies gegenwärtig für deutliche Preisberuhigung bei Öl.
Die angespannte Angebotssituation aufgrund von Produktionsdrosselungen in Saudi-Arabien und Russland verhindert jedoch deutlichere Preisrückgänge. Dabei scheint für die Opec+ ein Ölpreis um die 80 US-Dollar je Barrel die rote Unterstützungslinie zu sein. Da der Ölpreis aktuell in etwa auf diesem Niveau verläuft, werden die Produktionskürzungen wohl noch solange anhalten, bis die weltkonjunkturelle Nachfrage ansteigt. Allerdings ist kein Ölpreis zu erwarten, der wieder in Richtung 100-Dollar-Marke oder darüber springt.
Die Öl-Konzerne profitieren von den in den letzten 10 Jahren vergleichsweise hohen Preisen. Zudem haben sie erfolgreich an ihrer Kosteneffizienz gearbeitet. Und zur Freude der Anleger zahlen sie auch ordentlich Dividenden.
Angesichts rückläufiger Sorgen über eine Eskalation im Nahost-Konflikt hat Gold als sicherer Anlagehafen zwar an Bedeutung verloren. Unterstützung kommt jedoch wieder von der Geldpolitik.
Denn die im Trend fallenden US-Inflationsraten haben den Zinserhöhungszyklus der Fed endgültig beendet. Nach einer Phase des Zinsgipfels steht danach die Wende der Zinswende an, die der Goldmarkt frühzeitig einpreist.
Mit dieser Zinssenkungsphantasie, die auch Anleiherenditen drückt, verliert der größte Feind von Gold immer mehr an Wehrkraft. Die positiven realen Renditen vor allem bei langlaufenden US-Staatsanleihen werden sich zurückzubilden und schalten so für das Edelmetall von Gegen- auf Rückenwind.
Mit Zinsentspannung in Amerika und insofern Dollar-Beruhigung ist die Bühne für einen Goldpreis über 2.000 Dollar je Unze im nächsten Jahr bereitet. Nachdem an den Rohstoff-Terminmärkten bis Mitte Oktober gegen Gold „geschossen“ wurde, sind die Spekulationen auf steigende Preise seither sprunghaft angestiegen.
Übrigens häufen die internationalen Notenbanken unvermindert Goldbestände an. Insbesondere China treibt seine „Unabhängigkeitsbewegung“ von US-Bonds voran und kauft so viel Gold wie kein anderes Land. Insgesamt befinden sich die Goldbestände der Notenbanken auf dem höchsten Stand seit Beginn der 80er Jahre. Das wirkt als Preisstütze, nimmt Anlegern die Skepsis und macht Gold auch zu einem guten Weihnachtsgeschenk.
Grundsätzlich bleibt Gold der sachkapitalistische Klassiker. Es ist inflationssicher, nicht beliebig vermehrbar und wertbeständig. Das tröstet über den aktuell noch weit vom fairen Wert entfernten Preis hinweg.
Die Desinflation in den USA - 3,2 nach zuvor 3,7 Prozent - schreitet voran. Und die fortschreitende Beruhigung bei Produzentenpreisen wird diesen Prozess verstetigen.
Daran haben die schwachen Energiepreise einen wichtigen Anteil. Aber auch andere Preiskomponenten wie Mieten, Nahrungsmittel und allgemeine Güter setzen ihren fallenden Trend fort und überlagern so die hartnäckigen Preissteigerungen bei Dienstleistungen.
Zwar hält die Fed aus Gründen der Glaubhaftigkeit ihren moralischen Zeigefinger in Form einer theoretisch weiteren Zinserhöhung hoch. Da bei Fortsetzung der Desinflation im bisherigen Tempo jedoch auch eine Kerninflation von zwei Prozent bis Mitte 2024 möglich ist, rechnen die Terminmärkte ab Mai mit der ersten von vier Zinssenkungen im nächsten Jahr.
Mit Blick auf die Überschuldung und verhaltene Konjunkturlage ist sogar ein früherer Start möglich. Die Vision, dass die Fed - z.B. im Falle einer plötzlichen Deflationswelle - die Zinsen sogar früher und in größeren Schritten (z.B. 50 Basispunkte) als die EZB senkt, lässt die Devisenterminmärkte auf Dollar-Schwäche spekulieren.
Die Aussicht auf voranschreitende Inflations- und Zinsberuhigung wirkt auf die Aktienmärkte offensichtlich wie eine Aufbauspritze.
Auch wird der nachgebende Zinstrend den vergleichsweise teuren Verlängerungen der nach und nach auslaufenden Unternehmenskredite und -anleihen immerhin entgegenwirken. Fundamental positiv für die Aktienmärkte ist ohnehin, dass der internationale Wirtschaftspessimismus ausläuft. So setzt sich laut Investment-Beratungsfirma Sentix die Stabilisierung der Konjunkturerwartungen für die nächsten sechs Monate über alle Regionen hinweg fort.
Vor diesem Hintergrund besitzen deutsche Aktien aus der zweiten Reihe längerfristiges Aufwärtspotenzial, die besonders konjunktursensibel sind. Tatsächlich scheint die Underperformance von MDAX und SDAX zum DAX einen Boden gefunden zu haben.
Aus Sentimentsicht trauen sich die Anleger aus der Deckung. Fondsmanager gewichten gemäß monatlicher Umfrage der Bank of America erstmals seit April 2022 wieder Aktien über. Allerdings zeigt ein an den „Gier“-Bereich grenzender Fear & Greed Index von CNN eine allmähliche Überhitzung an. Zwischenzeitliche Rücksetzer sind zu erwarten.
Rückenwind für die Börsen in den Schlusswochen des Jahres kommt von der Saisonalität. Im Durchschnitt der vergangenen 30 Jahre setzte der US-Aktienmarkt und der DAX ab Mitte Oktober zu einer Jahresend-Rallye an. Mit Blick auf einen nicht eskalierenden Nahost-Konflikt, Zinssenkungsphantasie und eine positive Trendwende der Konjunkturstimmung scheint sich dieser Ansatz nach zwischenzeitlichem Rücksetzer zu Novemberbeginn auch dieses Jahr wieder zu zeigen.
Charttechnisch liegen Widerstände bei 15.862, 15.916 und 16.062 Punkten. Darüber liegen weitere Barrieren bei 16.240 und 16.290. Im Falle von Rückschlägen liegen die nächsten Unterstützungen im DAX bei 15.750, 15.660 und 15.650. Darunter sichern Haltelinien bei 15.504, 15.375 und 15.336 Punkten.