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Der Markt
unter der Lupe

 
28.11.2019

Die Aktienmärkte bezahlen eine positive Zukunft

Trotz langer Verhandlungen ist bislang kein weißer Rauch im transpazifischen Handelsstreit aufgestiegen. Auch mit einem Teil-Abkommen ist in diesem Jahr nicht mehr zu rechnen. Dennoch, von Enttäuschung an den Finanzmärkten ist wenig bis nichts zu spüren. Im Gegenteil, so mancher Aktienindex befindet sich auf Rekordhoch. An der Börse wird grundsätzlich über den Tellerrand der Aktualität geschaut. Und da scheint man blühende Landschaften zu erahnen.

Hat die deutsche Wirtschaft ihren Boden gefunden?

Der ifo Geschäftsklimaindex setzt im November seine Stabilisierung auf niedrigem Niveau fort. Erfreulich sind die zum zweiten Mal in Folge gestiegenen Geschäftserwartungen. Jedoch signalisiert ihr äußerst zaghafter Umschwung, dass es noch an durchschlagender Wachstumsdynamik mangelt. Der US-chinesische Handelskrieg bleibt ein Hemmschuh für deutsche (Export-)Unternehmen. Immerhin hat der Brexit zwischenzeitlich an Stresswert verloren. Allerdings werden selbst nach einem Austritt mit Abkommen zukünftige Handelsbeziehungen nur schwer zu verhandeln sein.

Laut ifo Konjunkturmatrix, die Geschäftslage und -erwartungen zueinander in Beziehung setzt, läuft die deutsche Wirtschaft zumindest nicht weiter Gefahr, in die Rezession abzurutschen. Allerdings stagniert sie in der konjunkturellen Zyklusphase „Abschwung“.

Auf Branchenebene zeigen sich die Erwartungen im Einzel- und Großhandel zwar weiter unterkühlt, doch werden sie durch Aussichten auf ein gutes Weihnachtsgeschäft aufgewärmt. Das stabile Baugewerbe erfährt nur einen kleinen Dämpfer. Die Erwartungen im Dienstleistungssektor konnten sogar in positives Terrain drehen. Momentan leidet die deutsche Industrie anhaltend unter schwachen Aufträgen. Symptomatisch für die Misere sind die Stellenstreichungen bei Audi von netto 7.500 Arbeitsplätzen. Ein Lichtblick ist jedoch die dritte - wenn auch jeweils nur leichte - Verbesserung der Erwartungen in Folge.

Insgesamt besteht zwar wenig Zuversicht, dass sich die aktuell trüben Gewinnqualitäten deutscher Unternehmen, die den ifo Geschäftserwartungen mit einer zeitlichen Verzögerung von sechs Monaten folgen, kurzfristig aufhellen. Mit einer Stabilisierung der Erwartungen scheint aber die Gewinntalsohle allmählich erreicht zu sein.

Hoffnung auf Ende der Fundamentalbaisse?

Auch die Finanzmärkte preisen abnehmenden weltkonjunkturellen Gegenwind ein. Laut dem von der Citigroup veröffentlichten ökonomischen Überraschungsindex der Weltwirtschaft - er misst die jeweiligen Abweichungen tatsächlicher Konjunkturdaten von den zuvor getroffenen Analysteneinschätzungen - ist von der verheerenden Entwicklung zu Jahresbeginn aktuell nicht mehr viel zu sehen. Das schlägt sich besonders positiv am exportsensitiven deutschen Aktienmarkt (DAX) nieder.

Obwohl die Handelsgespräche zwischen den USA und China trotz unzähliger Beteuerungen, man stünde kurz vor einem Deal, bislang ergebnislos blieben, lassen sich die Aktienmärkte nicht erschüttern.

Zwar fordert Peking die USA heftig zu umfassenderen Zollrücknahmen im Gegenzug für Chinas Großeinkauf von US-Agrarprodukten auf. Auch macht Trump aus seinem Herzen weiter keine Mördergrube, wenn er China vorwirft, geistiges Eigentum zu stehlen und überhaupt die USA in Handelsfragen höchst unfair zu behandeln.

Dennoch hält US-Präsident Trump mit dem in Aussicht gestellten Aufschub weiterer Strafzölle von 15 Prozent auf Waren im Volumen von rund 160 Mrd. US-Dollar ab 15. Dezember die Hoffnung auf ein Teil-Handelsabkommen aufrecht. Selbst Chinas Präsident Xi untermauert mit Zugeständnissen, hart durchzugreifen, wenn chinesische Unternehmen fremdes geistiges Eigentum rauben, seinen Wunsch mit den USA zumindest ein „Phase-Eins“-Abkommen zu erreichen.

Jedoch ist in diesem Jahr nicht mehr mit einem „Phase-Eins“-Abkommen zu rechnen. So hat die Unterstützung der US-Regierung für die Demokratiebewegung in Hongkong für Unmut in Peking gesorgt. Schon aus gesichtswahrenden Gründen kann China daher keine unmittelbare Handelsfreundlichkeit gegenüber Amerika zeigen. Nachdem das Gesetz zur Stärkung der Menschenrechte in Hongkong unterzeichnet wurde, obliegt es jetzt der US-Regierung und nicht dem Kongress, den jeweiligen Menschenrechtsstatus Hongkongs auch öffentlichkeitswirksam zu beurteilen. Der US-Präsident persönlich entscheidet also nun über Sanktionen gegen die China-hörige Hongkonger Führung. Diese „Honkong-Karte“ kann Trump geschickt auch im Handelsstreit spielen. Ihm Sinne eines Trade-off kann er für seine Sanktionsmilde handelspolitisches Entgegenkommen der Chinesen einfordern.

Im I. Quartal 2020 dürfte es aber zum Teil-Deal kommen. China will diese Übereinkunft zur Stimmungsstützung der arg in Mitleidenschaft gezogenen Exportindustrie. Umgekehrt will der vom Impeachment-Verfahren geschwächte Trump seinen Wählern „seinen“ Etappen-Sieg im Handelskonflikt präsentieren.  

Ein zweites Teil-Abkommen wird es allerdings nicht vor der US-Präsidentschaftswahl geben. Denn umfangreiche Regeln in puncto Industriespionage, Urheberrechte, Datenschutz- und Sicherheitsfragen sowie verlässliche Überprüfungsmechanismen auszuhandeln, erfordert enorm viel Zeit.

Marktstimmung - Fundamentalbaisse endet, Liquiditätshausse geht weiter

Selbst wenn es noch kein Teilabkommen gibt und eine nachhaltige Lösung im Handelskrieg zunächst Utopie bleibt, sind die Aktienmärkte dennoch frohen Mutes. Denn so lange im Handelskrieg geredet wird, wird nicht geschossen im Sinne weiterer Zollanhebungen. Diese stabile Seitenlage gibt der Weltkonjunktur immerhin etwas Sicherheit nach dem Motto „Schlimmer geht’s nimmer“. Die Rezessionsängste gehen zurück.

Und da es bis dato nur eine Feuerpause im Handelskonflikt gibt, wird die internationale Geldpolitik ihre Druckbetankung für Konjunktur, aber auch Finanzmärkte nicht einstellen.

Vor diesem Hintergrund nutzen Anleger die zwischenzeitlichen Kursrücksetzer für günstige Zukäufe in ihren Aktien-Portfolios. Risikofreude signalisiert auch der von der Citigroup veröffentlichte Macro Risk Index mit einem aktuellen Wert von 0,28. Indexwerte kleiner als 0,5 deuten auf steigende Risikofreude hin, während Werte größer als 0,5 zunehmende Risikoabneigung signalisieren.

Grafik der Woche

Aus Sentimentsicht kommt die hohe Anlagebereitschaft in einem sprunghaften Anstieg der Investitionsquote unter US-Fondsmanagern zum Ausdruck. Da sich gleichzeitig der Anteil der Optimisten am US-Aktienmarkt abzüglich des Anteils der Pessimisten in neutralem Terrain befindet, ist die unmittelbare Gefahr von Kursrückgängen aufgrund enttäuschter Erwartungen begrenzt.

Insgesamt ist eine gesunde Basis für eine weiter stabile Aktienentwicklung gelegt. Jedoch sind vorübergehende Kursrücksetzer vor allem wegen unberechenbarer Kommentare des US-Präsidenten zu transpazifischen oder -atlantischen Handelsfragen einzukalkulieren. Die Katze lässt das Mausen nicht.

Charttechnik DAX - Volatile Stabilisierung

Bei fortgesetzter Stabilisierung trifft der Index an der Marke bei 13.308 Punkten auf den ersten Widerstand. Bei Überwindung folgen die nächsten Barrieren am bisherigen Jahreshoch bei 13.374, danach bei 13.526 und 13.597. Kommt es zu einer Konsolidierung, trifft der DAX bei 13.138 auf eine erste Unterstützung. Darunter warten weitere Haltelinien bei 13.019 und 12.992, bevor der Index Kurs auf die Marke bei 12.795 Punkten nimmt.

Der Wochenausblick für die KW 49 - Weltwirtschaftlicher Stimmungstest

In China signalisieren sowohl die offiziellen als auch die von der privaten Finanznachrichtenagentur Caixin veröffentlichten Einkaufsmanagerindices für die Industrie und den Dienstleistungssektor eine Konjunkturstabilisierung auf niedrigem Niveau. Im Gegensatz dazu bekommt Japan weiterhin wirtschaftlichen Gegenwind zu spüren.

Auch wenn in den USA die Industrieaufträge ihre vormonatliche Schwäche noch nicht ausgleichen können, erwacht die Wirtschaft laut ISM Indices für das Verarbeitende und Dienstleistungsgewerbe dennoch allmählich aus ihrem Dämmerschlaf. Auch die Aufhellung des Konsumentenvertrauens setzt sich gemäß University of Michigan fort. Stabil fällt der monatliche Bericht zum US-Arbeitsmarkt aus.

In Deutschland lassen die „harten“ Daten der Industrieaufträge und -produktion noch keine maßgebliche Konjunkturentspannung erkennen.