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Der Markt
unter der Lupe

 
26.10.2018

Je mehr Trump den Dreck mengt, umso mehr stinkt er

Zurzeit wird ein giftiger Aktien-Cocktail serviert. Alles Positive wird ignoriert und stattdessen jedes noch so kleine Haar in der Suppe überdramatisiert. Die Baisse nährt die Baisse. Zunächst vermiest die Angst vor einer weltweiten Wirtschaftseintrübung wegen des von Trump losgetretenen US-chinesischen Handelskriegs die Anlegerlaune, die zu nachgelagerten Gewinnenttäuschungen führen würde. Dieses Szenario träfe dann auf eine völlig überschuldete Weltwirtschaft, die zeitgleich mit zuletzt gestiegenen US-Leit- und Kreditzinsen selbst die USA in finanzielle Schwierigkeiten bringen könnte. Garniert wird das aktuelle Schreckensbild mit dem Super-GAU einer italienischen Schuldenkrise, die europäisch streut. Damit steckt die EZB in der Italien-Zwickmühle. Bleibt sie bei ihrem avisierten Ausstieg aus den Anleihekäufen, gießt sie Öl in das bereits lodernde Feuer einer neuen Schuldenkrise. Lässt sie geldpolitische Gnade vor Stabilitätsrecht ergehen, gibt sie Italien einen Blankoscheck.

Die EZB verschafft sich Beinfreiheit

Der Stopp ihrer Anleiheaufkäufe von monatlich 15 Mrd. Euro zum Jahresende bleibt zwar das Basisszenario der EZB. Dennoch hat man auf der letzten Sitzung auf einen formalen Beendigungsbeschluss verzichtet. So ermöglichen wirtschaftliche Verwerfungen z.B. aus einem „harten“ No Deal-Brexit ebenso einen geldpolitischen Zeitgewinn wie handelsseitige Konjunkturrisiken, die europäische Exportländer beeinträchtigen. Insofern kommt die nachgebende Stimmung im Verarbeitenden und Dienstleistungsgewerbe der Eurozone mit ebenso konjunkturirritierenden Reibungsverlusten an den Aktienmärkten der EZB gerade Recht. Insgesamt kann Draghi damit auch die Italien-Krise besänftigen, ohne dem Thema zu viel Aufmerksamkeit zu widmen. Denn eine offizielle Hilfe für Italien kann er nicht aussprechen.

Die anhaltenden Unsicherheiten in puncto Handelskonflikt, Italien und Brexit gehen auch an der deutschen Wirtschaft nicht spurlos vorüber. Alle drei Subindices des ifo Geschäftsklimaindex, besonders jedoch die Erwartungskomponente, fallen.

Innerhalb der Branchen fällt auf, dass insbesondere die Erwartungen in der (Export-)Industrie nachgeben.

Immerhin verharrt die deutsche Wirtschaft auch im Oktober noch in der konjunkturellen Zyklusphase „Boom“, wenn man die ifo Geschäftslage und -erwartungen zueinander in Beziehung setzt.

Ohnehin hat sich die EZB festgelegt, ihre „Leitzinsen mindestens über den Sommer 2019 und in jedem Fall so lange wie erforderlich auf ihrem aktuellen Niveau“ zu belassen. Dabei signalisieren deutlich abwärts gerichtete Inflationserwartungen, denen die tatsächlichen Inflationsdaten mit zeitlicher Verzögerung folgen, dass die Preissteigerung in der Eurozone ihren vorläufigen Höhepunkt im September wohl erreicht hat.

Darüber hinaus wird die EZB den Aufwärtsdruck bei Staatsanleiherenditen in der Eurozone durch zielgerichtete Wiederanlage fällig werdender Staatstitel begrenzen. Einzelne EZB-Ratsmitglieder fühlen sich „nicht unwohl“ mit dieser Beibehaltung einer rekordhohen Liquiditätsausstattung von bis zu drei Jahren. Die EZB bleibt damit größter Gläubiger der Eurozone. Und wie man europäische Institutionen kennt, geht man bei Bedarf gerne in die Verlängerung. Von Seiten der Geldpolitik hält sich damit der Grad an Aktienbeeinträchtigungen in Grenzen.

Marktstimmung - Vor dem Morgen ist die Nacht am schwärzesten

Eine nachhaltige Erholung an den Aktienmärkten ist bislang nicht in Sicht. Angesichts der Inflation an Krisen sichern Vermögensverwalter seit Anfang des IV. Quartals ihre Buchgewinne und halten ihr Pulver zunächst trocken, bis die Aktienmärkte ein neues Gleichgewicht gefunden haben.

Im Rahmen der US-Berichtsaison für das III. Quartal werden insbesondere von Industrieunternehmen zollbedingt höhere Importpreise für Vorprodukte als Grund für das erschwerte Erreichen der hohen Gewinnerwartungen erwähnt. Doch sprechen stabile Umsätze beispielhaft beim US-Baumaschinenhersteller Caterpillar als typische Weltkonjunktur-Aktie eher für eine globale Wachstumsverlangsamung, nicht aber für einen -einbruch.

Allerdings hat sich aktuell eine negative Aktienstimmung breitgemacht, die das kleinste Haar in der Suppe bei Unternehmensergebnissen - siehe Alphabet und Amazon - als unbedingtes Menetekel für die bevorstehende Weltrezession sieht. Und leider „verdreckt“ die primitive Handelsrhetorik von US-Präsident Trump im Kongresswahlkampf die weltweite Wirtschaftsstimmung. Psychologisch wirkt er wie eiskaltes Wasser auf jemanden, der schwimmen lernen will.

Dabei bestätigen stabil wachsende Unternehmensgewinne die nötige fundamentale Substanz, die für eine Beruhigung der Aktienkorrektur spricht.

Und immerhin kommt den Aktienmärkten der klassischen Industrie- und Schwellenländer eine Bewertungsentspannung gemäß Kurs-Gewinn-Verhältnis zugute. Insbesondere deutsche Aktien haben sich im direkten Vergleich mit den USA und Titeln der Eurozone verbilligt.

Grafik der Woche

Die dunkle Seite der Aktien-Macht ignoriert zugleich noch die wieder nachlassenden Inflations- und Zinserhöhungsängste in den USA. Fast unbemerkt setzt sich im Zuge von im Trend nachgebenden US-Inflationserwartungen die Beruhigung der Renditen 10-jähriger US-Staatsanleihen von ihrem 7-Jahres-Hoch fort, nachdem auch die US-Notenbank in ihrem Konjunkturbericht (Beige Book) zunehmend deutlicher vor den Unsicherheiten des Handelskriegs für die US-Konjunktur warnt. Und über das amerikanische Schuldenfiasko ist sie sich auch im Klaren. Leider ist die Fed gezwungen, auf die Trumpschen Angriffe auf die Unabhängigkeit der Notenbank mit falkenhafter Sprache zu reagieren, die den Markt aktuell auf dem falschen Fuß erwischt.

Auf Sentimentebene ist laut Market Risk Indicator der Bank of America Merrill Lynch - er misst Erwartungen am Terminmarkt bezüglich Kursschwankungen an den globalen Aktien-, Währungs- und Rohstoffmärkten und deutet bei Werten über null auf zunehmende Marktrisiken und bei Werten unter null auf Risikoentspannung hin - nicht mit einer dramatischen Krisenverschärfung zu rechnen: Der aktuelle Risikowert liegt deutlich im negativen Terrain. Trotz Aktienkorrektur herrscht keine Panik. Da es schwer ist auf dem absoluten Tiefpunkt wieder einzusteigen, können sich langfristig orientierte Anleger mit vorsichtigen Käufen an den Markt zurücktasten, am besten aber mit regelmäßigen Aktiensparplänen schrittweise neue Positionen aufbauen, um bei zwischenzeitlichen Kursrücksetzern mehr Aktienanteile für ihr Geld zu erhalten.

Charttechnik DAX - Auf der Suche nach Halt

Gelingt es dem DAX die wichtige Unterstützung bei 11.158 zu verteidigen, ist die Gefahr ansonsten drohender Kursverluste bis zu den Haltelinien bei 10.874, 10.828 und 10.403 Punkten zunächst gebannt. Für eine deutliche Stimmungsaufhellung gilt es allerdings, zunächst die Barriere bei 11.515 Punkten zu überwinden. Darüber müssen die Widerstände bei 11.696 und vor allem 11.800 nachhaltig durchbrochen werden.

Der Wochenausblick für die KW 44 - Inflationsentspannung!

In der chinesischen Industrie hinterlässt der Handelskonflikt gemäß des offiziellen sowie vom Finanznachrichtendienst Caixin veröffentlichten Einkaufsmanagerindex für das Verarbeitende Gewerbe Spuren. Im Dienstleistungsgewerbe zeigt sich die Stimmung immerhin stabil.

In den USA geben im September rückläufige Auftragseingänge in der Industrie nach einem starken Vormonat keinen Grund zur Sorge, zumal der ISM Index für das Verarbeitende Gewerbe Konjunkturstärke signalisiert. Eine Dynamisierung der Durchschnittslöhne bleibt trotz robustem Stellenaufbau in der US-Privatwirtschaft jedoch aus, was die geldpolitische Restriktionszwänge der Fed entspannt.

In der Eurozone kommt die Konjunkturdelle in einem schwächeren BIP-Wachstum für das III. Quartal zum Ausdruck, die laut Erstschätzungen für Oktober eine weitere Inflationsentschleunigung nach sich zieht. In Deutschland unterstreichen solide Zuwächse bei Einzelhandelsumsätzen die robuste Verfassung der Binnenkonjunktur.