„Goldenes Zeitalter“ in den USA durch Trump? Bislang eher blechern: Die Stimmung der Verbraucher ist mies wie selten zuvor und die Unternehmen glänzen mit Gewinnwarnungen und nebulösen Ausblicken. Allein schon die Diskussion über Rezession gefährdet die Laune in der Wirtschaft und an den Börsen. Und der Verlust seiner Top-Bonitätsbewertung jetzt auch bei Moody’s macht den Umgang Amerikas mit der Überschuldung bestimmt nicht einfacher. Was nun, mein goldiger Mr. Trump?
Bei seinen kürzlichen Staatsbesuchen im Nahen Osten hat man Donald Trump geschmeichelt. Die versprochenen Mega-Milliarden Investitionen z.B. der Saudis in den USA klingen wie Märchen aus tausend und einer Nacht. Der größte Märchenerzähler dabei ist allerdings Donald Trump selbst. Er stellt die Gebrüder Grimm mühelos in den Schatten.
Leider verbergen sich hinter der hell leuchtenden, amerikanischen Vorzeige-Fassade viele dunkle Flecken.
Was ist bloß aus den für ihren Optimismus bekannten US-Verbrauchern geworden? Laut Umfrage der University of Michigan waren die Konsumenten nur einmal seit 1952 noch mieser gelaunt. Und ihre Inflationsangst hat den höchsten Wert seit 1981 erreicht.
Der mit Peking vereinbarte temporäre „Waffenstillstand“ bis Anfang August mit reduzierten Zöllen mindert zwar die Gefahr eines unmittelbaren Handelsembargos mit starkem Anstieg von Preisen und Arbeitslosenquote. Doch weiß kein Konsument, wie die endgültigen Zölle aussehen. Ohnehin werden die Zölle nicht mehr das früher niedrige Niveau erreichen. So könnte ein Basiszoll bei etwa 20 Prozent liegen. Für den Erzrivalen China sprechen eher 30 Prozent. Das ist dramatisch weniger als bisher angedroht. Doch auch die neuen Zölle werden viel Kaufkraft und Wohlstand kosten.
Auch die Unternehmen sind alles andere als aufs Höchste entzückt. Grundsätzlich ist die US-Wirtschaft auf Importe angewiesen, nicht zuletzt auf Rohstoffe wie Seltene Erden sowie Vorprodukte, die in Amerika nie und nimmer zu kompetitiven Kosten hergestellt werden können. Die USA sind nicht autark. Warum kauft man ansonsten seit vielen Jahren massenhaft in China ein, was dem Land im Handels-Poker übrigens gute Trümpfe in die Hand gibt.
Vor allem aber torpediert die Unsicherheit, wie hoch die finalen Zölle sind bzw. auf welche Produkte sie wie anfallen, die Planungssicherheit der Firmen. Teilweise befinden sie sich im fundamentalen Blindflug. Selbst wenn sie „final“ vorliegen, sind sie vielleicht doch nur vorläufig, wenn Trump mal wieder Wut im Bauch hat. Die Regierung scheint sogar die unternehmerische Preisfestsetzung behindern zu wollen. So geht Washington gegen Konzerne vor, die die preislichen Auswirkungen der Trumpschen Zölle für ihre Produkte benennen wollen. So sollen sie die erhöhten Zölle möglichst zu Lasten ihrer Marge schlucken. Nichts soll am Image der Regierung kratzt. US-Konzerne sind sicherlich keine Heiligen, aber diese Eingriffe tragen fast schon sozialistische Züge.
Und wie soll man da saubere Geschäftszahlen prognostizieren? Da gibt man lieber Gewinnwarnungen heraus und allenfalls Ausblicke mit Scheunentor weiten Spannen, um später nicht wegen Anlegertäuschung in die Mühlen der Aufsichtsbehörden zu geraten.
Allein die Verlängerung der Anfang 2026 auslaufenden Steuererleichterungen für Konsumenten wird in den nächsten 10 Jahren zwischen vier und fünf Bill. US-Dollar kosten. Dies brachte das Fass bei Moody’s zum Überlaufen. Neben Standard & Poor’s und Fitch hat jetzt auch die letzte der drei weltweit größten Ratingagenturen den USA die Top-Bewertung versagt, die sie seit 1919 immer zubilligte. Das Rating ist absolut immer noch gut, aber relativ nicht mehr über jeden Zweifel erhaben
Moody’s befürchtet, dass das Haushaltsdefizit Amerikas von zuletzt 6,4 bis 2035 auf ca. neun Prozent steigen könnte. Der Schuldenstand zur Wirtschaftsleistung liegt bereits bei über 120 Prozent. Zum Vergleich: Um der Eurozone beitreten zu können, ist ein Defizit von maximal drei und eine Schuldenquote von maximal 60 Prozent erlaubt.
Die Zinszahlungen auf die Staatsschulden könnten 2035 etwa 30 Prozent des Staatshaushalts ausmachen. 2024 waren es noch18. Amerika wird Griechenland zurzeit seiner Finanzkrise immer ähnlicher. Finanzminister Bessent macht jetzt Biden für den Schlamassel verantwortlich. Tatsächlich hat Joe, aber haben ebenso frühere Regierungen munter neue Schulden gemacht, so auch Trump I. Und Trump II wird kein Stabilitäts-Papst. Also, wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.
Vor diesem Hintergrund verhalten sich die US-Anleihemärkte wie Löwen auf der Jagd nach Antilopen. Sie jagen die Rendite zehnjähriger amerikanischer Staatstitel allmählich der 5 Prozent-Marke entgegen, die 30-jährige Renditen längst im Blick haben. Leider schlagen erhöhte Staatszinsen auf private Finanzierungen wie z.B. Baukredite durch. Allen viel Spaß beim Schuldendienst, auch mit Blick auf die gestiegenen Realzinsen. Allein in diesem Jahr müssen die USA Staatsanleihen über neun Bill. Dollar refinanzieren. Immerhin scheint die Fed bereitzustehen, Gitter aufzustellen, um dem Jagdtrieb der Rentenmärkte entgegenzuwirken.
Insgesamt, Trumps Zollkrieg steigert die Kosten der Lebenshaltung für seine lieben Amerikaner, er flirtet mit der Rezession und wird immer mehr zum bonitätsfressenden Schuldenkönig.
Es ist jetzt an Trump zu verhindern, dass die Dinge weiter einreißen und die Märkte im Extremfall erneut die Tiefststände von April erreichen. Dazu käme es, wenn er, um vermeintlich höhere Staatseinnahmen zu generieren bzw. weniger neue Schulden zu machen, nach der Karenzzeit bei Zöllen doch auf brutal hohe Tarife setzt. Dann geht Trumps Schuss für die USA - wie schon an den Märkten gespielt - nach hinten los.
Ich erwarte weiter, dass Trump diese Amerika-Dämmerung in letzter Konsequenz verhindert.
Der Trumpsche Zollkrieg lässt auch den Index der globalen wirtschaftspolitischen Unsicherheit auf Rekordniveau steigen, was Exportnationen naturgemäß belastet. Doch ist Europa offensichtlich nicht gewillt, sich seinem Schicksal zu ergeben. Es rottet sich, wenn auch mühsam, zusammen. Selbst die Briten, bislang gerne der „unterwürfige Pudel“ der USA und die Brechstange Amerikas gegen Europa, mussten feststellen, dass Trump-Amerika ihnen weniger Futter gibt. Das Vereinigte Königreich sucht jetzt neue Futterquellen in Kontinentaleuropa, zumal es festgestellt hat, dass der sinnbefreite Brexit zu chronischer Mangelernährung führte.
Europa muss jetzt aber auch wirtschaftlich die Kurve kriegen. Ich verweise auf die Notwendigkeit des Leistungsprinzips. Und es gibt schon Vorschusslorbeeren. Bei allem Unglück in Amerika betrachten ausländische und auch US-Anleger deutsche Aktien und ebenso deutsche Staatsanleihen als eine Art Glücksschwein.
Wir wären „saublöd“, wenn wir diese Chance nicht nutzen. Möge es Europa dämmern.