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Halvers
Kolumne

 
23.08.2017

Die westliche Welt braucht einen richtigen Weißkopfseeadler

Die USA sind die Weltmacht Nr. 1. Wer aber Weltmacht ist, muss sich auch wie eine Weltmacht aufführen, vor allem weil man Verantwortung für den gesamten Westen trägt. Diese Aufgabe hat kein US-Präsident jemals in Frage gestellt. Niemand? Doch, Donald Trump tut dies. Man hört ja immer wieder, dass er in das Präsidentenamt so hinein gestolpert sei. Zwar genoss er im Vorwahlkampf gerne das vollumfängliche mediale Rampenlicht. Aber tatsächlich Führer der freien Welt werden? Bloß nicht! Sein Wahlerfolg habe ihn selbst negativ überrascht. Ist es da verwunderlich, dass er keine verantwortungsvolle Vision für Amerika, geschweige denn für die westliche Welt hat?

Immerhin glänzt er durch ganz andere „Qualitäten“. Natürlich darf ein US-Präsident seine persönliche Note haben. Ronald Reagan hat das mit seiner Schauspielkunst immer gerne gemacht. Allerdings kannte er seine Grenzen. In der Daily Soap „Unser täglich Trump gib uns heute“ regelmäßig das Großmaul zu geben mag für einen Box-Promoter durchgehen, nicht aber für den mächtigsten Mann der Welt. Berechenbarkeit, Verlässlichkeit, eine ernsthafte Amtsführung, ja und sogar Weisheit sind keine Hol- sondern eine Bringschuld, selbst für einen Trump.

USA = Uncertain States of America?

Seine Planlosigkeit könnte man sicherlich mit Leben füllen. Genügend Personal zur Ausarbeitung von Programmen hat die US-Regierung allemal. Aber wie soll Ruhe in den Washingtoner Polit-Karton kommen, wenn sich das Personenkarussell von Trump schneller dreht als das Düsentriebwerk seiner Air Force One? Wenn es irgendwo in den USA Inflation gibt, dann im Weißen Haus in puncto „You‘re fired“. Damit sind immer weniger gute Leute bereit, für Trump zu arbeiten. Wer aus der amerikanischen Elite lässt sich schon gerne behandeln wie ein Praktikant bei Walmart am ersten Tag? Auf diese schwarzen Flecken im Lebenslauf verzichtet man gerne. Alternativ sehen eher Polit-Glücksritter ohne große Erfahrung ihre Chance unter Trump. Wirklich geheilt wird die Planlosigkeit der Regierung Trump so allerdings nicht wirklich.

Trumps Außenpolitik ist so etwas wie eine Wundertüte: Man weiß nie, was drin ist. Liebt er nun Russland oder hasst er es? Will er China im Nordkorea-Konflikt einbinden oder es lieber öffentlich verbal ohrfeigen? Und jetzt will Trump die USA in Afghanistan mit martialischem Kampfgeschrei doch wieder zur Terrorbekämpfung einsetzen, obwohl Trump im Wahlkampf noch das direkte Gegenteil versprochen hat. Er ist der Wendehals unter allen US-Präsidenten.

Doch kann sich Amerika in einer immer unsicherer werdenden Welt keine Unberechenbarkeiten leisten. So etwas ist vorsätzliches Staatsversagen mit Kollateralschäden für den gesamten Westen. Denn in dieses Führungsvakuum stoßen Russland und China immer mehr vor und sicherlich nicht nur zum Nutzen Europas. Wenn die US-Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch.

Amerika ist zu groß, um klein regiert zu werden

Mit seiner Führungsschwäche schneidet Trump den USA ins eigene wirtschaftliche Fleisch. Er behindert den Absatz amerikanischer Produkte und Dienstleistungen. Amerika hatte der Welt als Gegenleistung für seine Rolle als Freund und Beschützer auch immer gerne seine Schokoriegel, Zahnpasta, Windeln, Fast Food, Musik, TV-Serien und High Tech aufs Auge gedrückt. Wieso riskiert man jetzt diese Wirtschaftspotenz durch geopolitische Schwäche und macht den Chinesen auch noch die Tür zum Welthandel auf? Casanova hätte niemals mit dem Gedanken gespielt, sich selbst zu entmannen.

Stattdessen übt sich Trump und seine Gang in Wirtschaftsideologie: Man will nicht nur den schlanken, auch nicht nur den superschlanken, sondern den dürren Staat, am liebsten 100 Prozent Markt. Natürlich, das Fett angefressene amerikanische Bürokratiemonster braucht eine strikte Diät, einen Rückbau des Verwaltungsstaats und Deregulierung. Aber eine Staatsdemontage, die die ohnehin nicht üppigen Sozialleistungen zur Gesundung der aus dem Ruder gelaufenen Staatsverschuldung atomisieren will, gefährdet den labilen sozialen Frieden. Wenn man selbst oben ist, sollte man weise sein und die da unten nicht in die Enge treiben.

Immerhin geht auch seine eigene republikanische Partei auf Distanz zu ihrem Präsidenten. Von den Darbietungen Trumps sind sie so wenig entzückt, dass sie ihm mittlerweile Knüppel zwischen die Beine werfen. Das hat zwar auch Vorteile. Denn wo kein durchsetzungsfähiger Präsident, da auch kein Handelsprotektionismus. Es ist wohltuend zu wissen, dass viele Republikaner ihre ökonomische Vernunft nicht an der Garderobe im Weißen Haus abgegeben haben. Und wo kein robustes US-Wirtschaftswachstum, da keine Finanzmarkt schädliche, restriktive Geldpolitik der Fed.

Doch leider kommen bei diesem munteren politischen Schüsseltreiben auch keine Steuerreformen und Verbesserung der Infrastruktur zustande. Die wirtschaftspolitische Ladehemmung der Trump-Administration stößt bei Unternehmen und Aktienmärkten immer mehr negativ auf wie schlechtes Sushi. Dass sich jetzt sogar US-Wirtschaftsgrößen aus den Beraterteams der amerikanischen Regierung zurückziehen, ist mehr als bemerkenswert. Wer gibt schon eine starke Lobby-Position als Präsidentenflüsterer freiwillig auf. Doch was nutzt es, wenn Trump auf beiden Ohren taub ist?

Ein beratungsresistenter, unkontrolliert tweetender Präsident, der schon sein eigenes Land nicht im Griff hat, ist ein Belastungsfaktor für die gesamte westliche Welt und ihre Finanzmärkte.

Kann der Westen durch Europa beleuchtet werden, wenn der amerikanische Leitstern verglüht?

Trumps Versagen wäre eine Chance für Europa, selbst mehr geopolitische Verantwortung zu übernehmen. Doch dass das kleine Deutschland the leader of the free world wird, wäre Amtsanmaßung für jede(n) Bundeskanzler(in). Und dass Maman et Macron über die Wiederbelebung der deutsch-französischen Freundschaft den europäischen Polit-Hühnerhaufen gemeinsam disziplinieren und zu den Vereinigten Staaten von Europa aufbauen, ist reines Wunschdenken. Am Ende ist sich auch Macrons Frankreich selbst am nächsten. Europa kann nicht wirklich ein Führungsersatz zu Amerika sein.

Ich habe nachgeschaut: Es gibt kein amerikanisches Gesetz, das Trump verpflichtet, die volle Amtszeit durchzuhalten. Möge er sich frei machen und sich zu 100 Prozent dem Golfsport widmen. Vor lauter Begeisterung würde Golf im gesamten Westen zum Volkssport.