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Kolumne

 
06.04.2017

Wenn zwei sich streiten (China und Amerika), freut sich dann der Dritte (Europa)?

Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse Baader Bank

Trump sehnt sich nach Nichteinmischung Amerikas in der Welt. Doch bereits die Isolation nach dem I. Weltkrieg hat den USA keine außenpolitische Ruhe gebracht. Anschließend mussten sie sich umso mehr einmischen. Und erst Recht heute werden sich die republikanischen Hardliner gegen Selbstbeschränkung Amerikas wehren. Denn in unserer globalen Welt ist ein Rückzug der USA mit dem Vormarsch Chinas verbunden.
 

Ist die amerikanische Katze aus dem Haus, tanzen die chinesischen Mäuse auf dem globalen Tisch

Tatsächlich, die gute alte Zeit des Tandems China und Amerika - Chimerika genannt - scheint auszulaufen. Früher war deren „friedliche Koexistenz“ u.a. dadurch geprägt, dass China seine Exporterfolge nicht zuletzt umfangreichen Ausfuhren in die USA verdankte, was man durch die Finanzierung des US-Handelsbilanzdefizits in Form von Aufkäufen von US-Staatspapieren honorierte.

Doch diese Vernunftehe hat Risse bekommen. Mittlerweile tut die (wirtschafts-)politische Konkurrenz Chinas den weltmachtverwöhnten Amerikanern weh. Die Auseinandersetzungen zwischen Washington und Peking über Nordkorea - einem Verbündeten Chinas - ist symptomatisch für ein abgekühltes Verhältnis. Das anstehende Treffen des chinesischen Präsidenten Xi Jinping mit Donald Trump in Florida wird kaum über das Niveau süß-sauer hinausgehen.

Wirtschaftspolitisch wird längst mit harten Bandagen gekämpft. China ist sich bewusst, dass es aufgrund seines gigantischen Handelsbilanzüberschusses gegenüber den USA im Falle eines Trumpschen Handelsprotektionismus angreifbar ist. Als Konter kommt aus Peking regelmäßig die  finanzpolitische Nettigkeit, man könne, wenn nötig, einfach so zig-Milliarden an US-Staatspapieren wie Ramschware im Schlussverkauf auf die Anleihemärkte werfen und damit den USA einen finanzwirtschaftlich und konjunkturell schädlichen Zinsschock verpassen. Bei näherer Betrachtung weiß Peking allerdings um die tönernen Füße dieser Drohung. So viel US-Staatstitel kann China niemals werfen, wie die US-Notenbank auffangen würde. Insgesamt hat Amerika die besseren Karten.
 

Wenn Europa mit China fremdgeht, hat der amerikanische Liebhaber das wirtschaftliche Nachsehen

Doch an der weltweiten Wirtschaftsfront gibt es weitere Kriegsschauplätze. So könnte China die europäische Karte spielen. Peking würde liebend gern in die Handelsbresche springen, die ein handelsprotektionistisches Amerika aufrisse. Wenn Europa tatsächlich mehr mit China anbändelte, hätte Amerika Wohlfahrtseinbußen hinzunehmen. Die USA haben uns im Windschatten ihres militärischen Schutzschildes auch jede Menge amerikanische Zigaretten, Schokoriegel, Softdrinks, Windeln, Zahnpasta, Sportschuhe sowie Serien wie Raumschiff Enterprise, Bonanza oder Bay Watch aufs Auge gedrückt. Will man diese reich gedeckten Absatzmärkte dem chinesischen Drachen in den Rachen werfen?

Nicht zuletzt käme China dann in den Genuss der geforderten Mitgift, nämlich den ziemlich ungehinderten Zugang z.B. zu den Industrieperlen Deutschlands. Mit dieser technologischen Blutauffrischung aus dem Ausland würde China auf den Weltmärkten - auch in puncto Digitalisierung - zu Lasten Amerikas aufgewertet. Will Digital America diesem chinesischen Vorsprung durch Technik etwa zusehen? Hat Amerika nicht vor kurzem erst die chinesische Übernahme von Aixtron mit viel Schmackes vereitelt?
 

Selbst Trump muss mit europäischen Tatsachen arbeiten, die er vorfindet, nicht mit denen, die er gerne hätte

So langsam, wenn auch noch mit viel Gegenwehr, reift selbst bei Trump die Erkenntnis, dass er es sich im (wirtschafts-)politischen Zweikampf mit China nicht mit jedem verscherzen sollte. Selbst Donald braucht Freunde und Verbündete. Da bietet sich Europa an. Mit uns gibt es nun einmal die längsten und intensivsten Beziehungen. Und ehrlich gesagt, Europa macht God’s Own Country auch keine ernste geopolitische Konkurrenz. Wirtschaftlich sind wir zwar stark, aber geopolitisch - das beweisen wir täglich - sind wir doch eher vom Stamme Hasenfuß und werfen bei Konflikten mit Wattebällchen.

Und in der Tat, auf einmal findet Trump die EU gut. Dort, so sagte er, herrsche ein guter Geist des Zusammenhalts. Wow, noch im Januar tönte er, dass der Brexit der Anfang vom Ende der EU sei. Hat da etwa jemand zu viele chinesische Glückskekse gegessen? Oder lernt da jemand wirklich von seinen Wirtschaftsexperten, was man auf Baustellen nicht zu lernen braucht, nämlich das geben oft seliger als nehmen ist? Denn wenn man uns Europäern und Deutschen den handelspolitisch unbelasteten Exportüberschuss lässt, gibt es als Gegenleistung weiter die transatlantische Nibelungentreue und keine neue Liebe zu Asien.

Leider wissen wir nicht, wie lange die Halbwertszeit der aktuell freundlichen EU-Stimmung Trumps dauert. Aber wenn Europa zumindest eine diplomatische Großmacht ist, sollte es China als neues Feindbild der USA für eigene Zwecke nutzen.

Immerhin, ein bisschen transatlantisches Tauwetter scheint sich ja auch auf der persönlichen Ebene abzuzeichnen. Trump vermeldete tatsächlich, Frau Merkel hätte ihm kürzlich in einem Telefongespräch sehr freundliche Dinge gesagt. Vielleicht war es ja „Donald, du hast die Haare schön.“ Wie auch immer, für Europa und seine Wirtschaft sind alle Mittel erlaubt, selbst falsche Komplimente.