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Halvers
Kolumne

 
10.04.2019

Hoffentlich halten den Sozialismus in seinem Lauf auch Ochs und Esel auf

In Deutschland ist Wohnraum sehr knapp und sehr teuer. Ja, man kann von „Wohnarmut“ sprechen. Um diese Krise in den Griff zu bekommen, liebäugelt der ein oder andere Politiker mit dem Robin Hood-Prinzip: Von den Reichen nehmen und den Armen geben. Mit sozialistischen Methoden soll großen Immobilienbesitzern, die Mietwucher betreiben, das Handwerk gelegt werden.        

Berliner Hinterher- statt Vorausplanung

Einst hatte der Berliner Senat tausende eigene Wohnungen an große Immobiliengesellschaften - nach heutigen Wertmaßstäben - zu Schnäppchenpreisen verscherbelt, um die gähnend leere Stadtkasse aufzufüllen.

Würde der Senat diese Immobilien heute zurückkaufen und anschließend Mietpreissenkungen durchführen, wäre Berlin immer noch sexy, aber noch viel ärmer. Zur Finanzierung werden 30 Jahre nach dem Zusammenbruch des Sozialismus von Parteien und Politikern tatsächlich wieder Begriffe wie Enteignung und Vergesellschaftung vorgeschlagen. Zur Rechtfertigung beruft man sich auf das deutsche Grundgesetz, in dem es im Art. 14 heißt: Eigentum verpflichtet. Dabei soll der Eigentümer seine Immobilien auch zu politisch korrekten Preisen - also massiv unter Marktwert - verkaufen. Ist ja auch nur sozial gerecht, oder? Immerhin - so wird unterstellt - beruhen die Wertsteigerungen nicht auf Eigenleistungen der Besitzer, höchstens auf bösartiger Spekulation. Als Druckmittel wird auch Art. 15 des Grundgesetzes missbraucht, in dem von Vergesellschaftung gesprochen wird.  

Allein die Angst vor unattraktiver Enteignung ist geeignet, große Immobilieninvestoren aus Berlin zu vertreiben wie Mäuse aus der Speisekammer, wenn die Katze kommt, geschweige denn, wenn solche Maßnahmen tatsächlich umgesetzt würden. Private Investoren werden keine Hundehütte mehr bauen. In unserer globalen Immobilienwelt ist kein Investor auf Berlin angewiesen. Bei zu erwartendem Bevölkerungszuwachs wird sich die Mietsituation in Berlin schließlich noch weiter verschlechtert haben. Diese soziale Gerechtigkeit bleibt einem im Halse stecken.

Ein neuer Artikel im Grundgesetz muss her: Politisches Amt verpflichtet

Es mag einige stören, aber der Zweck privater Unternehmen - auch von Immobiliengesellschaften - ist Gewinnerzielung. Sonst gäbe es gar keine Unternehmen und damit würden sie keine Arbeitsplätze schaffen. Wie der Name schon sagt, ist für Wirtschafts- und damit Wohnpolitik die Politik zuständig. Fehlentwicklungen beim Wohnen hat sie vorzubeugen, sozusagen gemäß Amtseid Schaden vom deutschen „Miet-Volk“ abzuwenden. Die Wohnungsnot in Deutschland hat sich seit Jahren abgezeichnet. So haben bereits 2012 Experten vor dem Zerfall staatlicher Strukturen in den arabischen Ländern und in dessen Folge vor großen Migrationsbewegungen gewarnt. Damals hätte der Bund seine vielen Liegenschaften an kommunale Immobilienträger zu bezahlbaren Preisen unter der Bedingung des Baus von Sozialwohnungen veräußern können. Das kann er immer noch tun und gleichzeitig Baugenehmigungen aus ihrem Schneckentempo befreien.  

Zugleich ist Bauen in Deutschland viel zu teuer geworden, was auf die Mieten wirkt wie Backpulver auf den Rührkuchen. Nicht jede Bauauflage ist abseits reiner Öko-Ideologie sinnvoll. So sorgt manche Dämmung für Schimmelbildung. Ist das gesund für die Atemwege? Hinzu kommen galoppierende staatliche Gebühren wie Grunderwerbssteuern und bald höhere Grundsteuern, die Eigentümer auf die Mieter umlegen. Dagegen kann auch das neue Baukindergeld nicht anstinken. Einerseits ist es nicht so hoch, dass es aus Otto Normal-Mietern massenhaft neue Immobilienbesitzer macht, andererseits sorgen die Mitnahmeeffekte derjenigen, die ohnehin gebaut oder gekauft hätten, für noch höhere Immobilienpreise.  

Stattdessen wäre es ein wirklich sinnvoller Akt sozialer Wohn-Gerechtigkeit, wenn Steuerpflicht nicht bereits bei einem Jahreseinkommen von aktuell 9.168 Euro einsetzt, sondern sich dieser Grundfreibetrag verdoppeln würde. Gerade für die Bezieher geringer Einkommen wäre die Wirkung sinnvoller als jede Mietpreisbremse, die sogar private Bauinvestitionen behindern.

Sicher trägt auch die Geldpolitik Verantwortung für den deutschen Immobilienboom. Wir haben die niedrigsten Bauzinsen seit Adam und Eva und der Anlagenotstand aufgrund der Zinsarmut treibt Unmengen an Geld in immer teurere Häuser und Wohnungen. Doch liegen darin auch große Investitionschancen für den Staat. Bis heute verdienen Bund, Länder und Kommunen an neuen Schulden, weil die Kreditzinsen unter null liegen. Daneben frisst die offizielle deutsche Inflationsrate den öffentlichen Schuldenstand jedes Jahr im Durchschnitt um zwei Prozent auf. Bei Berücksichtigung der inoffiziellen, aber wahren Inflation ist der Schuldenfraß noch größer. Diesen freien Mittagstisch sollte Vater Staat dringend für den umfangreichen Bau von günstigen Sozialwohnungen zum Wohle der Miet-Bevölkerung nutzen. Ein größeres Immobilienangebot begünstigt geringere (Miet-)Preise und ermöglicht es schließlich auch, aus Mietern Eigentümer zu machen. Stattdessen ergötzt sich die Politik am Finanz-Fetisch „Schwarze Null“ und spart damit am völlig falschen Ende.

Wer hat, dem wird genommen?

All diese Wohnlösungen der Marke „Soziale Marktwirtschaft“ scheitern bislang an den dicken, auch weltanschaulichen Brettern vor den Politiker-Köpfen. Gibt es etwa auch einen Facharbeitermangel im Berliner Regierungsviertel?

In einem Land, in dem Altersarmut auch aufgrund fehlender politischer Anlagekonzepte abseits des Zinsvermögens sprießt wie Spargel im Frühjahr, bleiben als Ausweg irgendwann nur noch staatliche Umverteilung über planwirtschaftliche Eingriffe in den deutschen Immobilienmarkt.

Noch soll diese sozial gerechte Überführung von Eigentum in „Gemeintum“ nur für die ganz großen Immobilienbesitzer gelten. Aber aufgepasst. Wo setzt denn die gutmeinende Politik da die Grenze? Bei 1.000, 200, 20 oder 5 Wohneinheiten? Zwei Drittel aller vermieteten Immobilien in Deutschland sind im Besitz von Bürgern. Warum sollte der Moraltotalitarismus nicht auch dem Otto-Normal-Vermieter „zugutekommen“? Und siehe da, nach Ostern werden in Tübingen Grundstückseigentümer, die nicht bauen wollen, angeschrieben, also angemahnt. Sollte immobilientechnisch anschließend nichts passieren, werden die Besitzer abgemahnt und ihnen ein Bußgeld angedroht. Danach geht es gemäß Johann Wolfgang von Goethes „Und bist du nicht willig, so brauch ich Gewalt“ weiter: Zwangsverkauf an die Stadt zum Verkehrswert. Ist es dann wirklich noch weit bis zum sozial gerechten Verkaufspreis unter Marktwert.

Am Ende gilt jeder kleine Vermieter als Miethai. Sie glauben, so weit kommt es nicht? Aber hat es nicht schon bei Dieselautos eine Art Enteignung gegeben? Überhaupt, man braucht kein Mathematiker zu sein, um zu berechnen, dass es viel mehr Wähler als Eigentümer gibt. Politiker machen zum Zwecke ihrer Wiederwahl immer Politik für die Mehrheit. Muss man sich also angesichts drohender Eigentumsverwässerung über den Immobilienerwerb - der Traum unzähliger Deutscher - Gedanken machen?   

Das wäre aufgewärmter Sozialismus, der im Gegensatz zur Erbsensuppe vom Vortag jedoch nicht schmeckt, sondern ungenießbar wie ein wurmstichiger Apfel ist. Dieser hat auch in der jüngeren deutschen Geschichte unter der Vortäuschung staatlicher Gerechtigkeit immer nur zu Pleiten, Pech und Pannen geführt und einen Wirtschaftsstandort ruiniert.

Deutschland braucht weder Sozialismus noch Sozialneid, sondern wieder viel Soziale Marktwirtschaft.

Marx ist die Theorie, Murx die Umsetzung und Mist die Praxis.