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Halvers
Kolumne

 
08.05.2019

Aktienhoffnung auf ein Ende des Handelskriegs gestorben?

Seit gut einem Jahr tobt zwischen den USA und China ein Handelskrieg. Doch hat sich Präsident Trump zuletzt immer mehr aus dem Fenster gelehnt und einen baldigen „monumentalen Handelspakt“ angekündigt. Allerdings hat Trump die Rechnung offenbar ohne die Chinesen gemacht. Da sie im Vergleich zum jetzigen Zustand am meisten zu verlieren haben, verhandeln sie hart und nach und stellen neue Forderungen.

Auch die Chinesen sind keine edlen Handels-Ritter

Trump zieht mit seiner herzlichen Art zwar allen Handels-Unmut auf sich. Doch sollte man umgekehrt die Chinesen nicht als Handels-Heilige darstellen. Hinter diplomatischer Rhetorik betreibt Peking seinen eigenen „Freihandel“: Wettbewerbsfähigkeit maroder Staatsunternehmen über Subventionierung, Eroberungsfeldzüge in westlichen Industriekulturen, Gewährung von ausländischem Marktzugang nur bei vorheriger Preisgabe von Wissen sowie latente Schwächung des Yuan zur Exportförderung zeigen das zweite, weniger niedliche Gesicht des Pandabären. Dem westlichen Aufruf „Die Handels-Mauer muss weg“ wurde bislang nicht Folge geleistet.

Zur eigenen politischen Gesichtswahrung sucht Trump daher nun sein Heil in weiteren Zollanhebungen auf chinesische Importe und droht sogar mit Totalverzollung.

Beide Seiten schenken sich nichts. Wenn man beide Protagonisten in den Handels-Sack steckt und draufhaut, trifft man immer den Richtigen.

Amerika kann sich ein Scheitern der Verhandlungen nicht leisten, China noch weniger

Grundsätzlich streben beide Kampfhähne die Weltherrschaft an. China will sie erlangen, Amerika verteidigen. Dieser Kampf erinnert an den Kalten Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion. Allerdings fürchten die USA heute die Chinesen viel mehr als früher die Sowjets, die zwar militärisch stark waren, der westlichen Führungsmacht jedoch nicht das Wasser reichen konnten. Insofern heiligt der geostrategische Zweck auch alle wirtschaftlichen und damit auch (handels-)politischen Mittel, die dem Gegner Schaden zufügen können. 

Mit neuem Handelsprotektionismus will Trump China jetzt handelspolitisch zum Einlenken bewegen. Doch wie das Bluffen beim Pokern ist seine Verhandlungsstrategie riskant. China ist kein Handwerker, Lieferant oder eine Bank, die der Immobilienmogul in der Immobilienkrise mit dem Nasenring durch die Manege führen und ihnen alles abverlangen konnte, weil sie ansonsten dramatische Verluste oder sogar Pleiten erlitten hätten. China ist da ein ganz anderes (wirtschaftliches) Kaliber. Ohnehin hat Gesichtswahrung in Asien eine starke kulturelle Bedeutung. China könnte mit Gegenzöllen reagieren oder im Extremfall sogar die Handelsgespräche scheitern lassen.

Dann wäre die Büchse der Handels-Pandora auch für Amerika weit geöffnet. Die Farmer im Mittleren Westen werden nicht begeistert sein, wenn der von ihnen gewählte Trump Importbeschränkungen oder gar -verbote von Mais, Weizen und Sojabohnen nach China zu verantworten hat. Auch ein schwacher US-Aktienmarkt, dessen bekannte Exporttitel durch handelsseitige Weltkonjunkturabkühlung und den Zusammenbruch effizienter Lieferketten aus Asien heimgesucht werden, schwächt Trump. Da US-Pensionsfonds im Gegensatz zu deutschen prall mit Aktien gefüllt sind, ist kaum einem Präsidenten die Wiederwahl geglückt, wenn die Aktienkurse in den Seilen hängen.

Während bereits der US-Protektionismus China als Außenhandelsweltmeister Export-Blut absaugt, führen die weltwirtschaftlichen Folgeschäden sogar zur Blutarmut. Eine nicht reibungsfreie chinesische Binnenkonjunktur kann dagegen wenig anstinken. Was im Westen ohnehin gerne verkannt wird, sind unzählige Wanderarbeiter, die bei Wirtschaftsschwäche und Arbeitslosigkeit zu chinesischen Gelbwesten werden und wohl kaum die Nettigkeit auf den Straßen zeigen werden, die Musikliebhaber aus der Operette „Das Land des Lächelns“ von Franz Lehár kennen. 

Handelsabkommen zwischen Amerika und China so schwierig wie die Quadratur des Kreises?

Ein massiver Knackpunkt bei der Einigung auf eine friedliche Handels-Koexistenz ist der Schutz des geistigen Eigentums. Die USA wollen den Chinesen den Klau von Technik-Know How und Patenten nachweisen können, auch wenn dieser im hintersten Teil Chinas unbemerkt stattfindet. Bislang sind Schadensersatzansprüche auch deshalb unmöglich, weil ein neutraler Schiedsrichter fehlt.  Zwar gibt es die Welthandelsorganisation, die - weil sie weder von Washington noch von Peking akzeptiert wird - nur mit Wattebällchen werfen, aber kein Fehlverhalten durchsetzungsstark sanktionieren kann.

Die Aktienmärkte scheinen insgeheim immer noch auf eine vernünftige Lösung zu hoffen. Alles andere wäre nun wirklich Sadomaso. Denn mit einem Handelskrieg tut man nicht nur dem anderen, sondern auch sich selbst weh. Da keine Seite gewinnen kann, müssen beide über ihre Schatten springen, was aufgrund der erreichten Eskalationsstufe zwar nicht einfach ist. Aber es muss ja keine Liebesbeziehung werden. Eine Vernunftehe mit dem Zweck der Verhinderung eines gegenseitig zerstörerischen Handelskriegs tut es ja auch.

Amerika und China sollten sich alle Zeit für ein solides Handelsabkommen nehmen, das selbst die heißen Eisen langsam abkühlt. Wie bei einer Papstwahl sollte erst dann weißer Rauch aufsteigen, wenn tatsächlich ein Handels-Deal fix und fertig ist. Bis dahin sollten alle Tweets schweigen, um die Finanzmärkte nicht im Wechsel entweder in Ekstase zu versetzen oder in Depression zu stürzen. Und bis dahin sollte ein Waffenstillstand herrschen, der von weiteren Handelssanktionen Abstand nimmt.

Immerhin will die chinesische Handelsdelegation weiter nach Washington reisen und zeigt damit durchaus Bereitschaft für handelspolitische Zugeständnisse. Auch die US-Unterhändler gehen von fortgesetzten Gesprächen aus. 

Ein Welt-Handelskrieg ändert alles

Sollte allerdings der Handels-Krieg zwischen Amerika und China immer heißer werden und über eine transatlantische Auseinandersetzung - bislang gibt es ja nur eine Feuerpause - zum Welt-Handelskrieg werden, haben insbesondere europäische und deutsche Exportaktien ein Problem. Weltwirtschaftliche Unruhe bremst die Konsum- und Investitionslust. Hühner, die keine Ruhe finden, legen eben keine Eier.   

Den Aktienbörsen würde dann das fundamentale Standbein wegbrechen, das die konjunkturelle Hoffnungshausse seit Jahresanfang gestützt hat. Das Standbein Liquiditätshausse ist zwar noch vorhanden. Aber bekanntlich fällt es schwer, nur auf einem Bein zu stehen.

Unter normalen Bedingungen würde der gesunde Menschenverstand solche (handels-)politischen Irrwege ausschließen. Aber was ist heutzutage noch normal. Heutzutage ist alles möglich, auch das Gegenteil.